Zufluchtsorte 1943-1945


Am 31. Oktober 1942 war die Israelitische Kultusgemeinde Wien aufgelöst worden. An ihre Stelle trat ab 1. November 1942 der „Ältestenrat der Juden in Wien“. Seine Aufgabe war es, sämtliche noch in Wien lebenden Personen, die gemäß den "Nürnberger Rassegesetzen" als Juden galten, zu vertreten und zu erfassen. Daher war er auch für jene Personen zuständig, die anderen Glaubensgemeinschaften angehörten. Hier sollen jene Orte und Institutionen aufgezeigt werden, die für die Wiener Jüdinnen und Juden in den letzten Kriegsjahren von Bedeutung waren. Neben der Administration, der Synagoge und der Bibliothek in der Seitenstettengasse befanden sich das Kleider- und Möbelmagazin ebenfalls im 1. Bezirk. Dort konnten ausgebombte Familien sich mit dem Nötigsten versorgen. Alle anderen Institutionen wie die Mikweh (rituelles Badehaus), das Krankenhaus, das Altersheim, die Gemeinschaftsküche, die Notunterkunft und das Kinderheim mit dem Kinderspital waren im 2. Bezirk. Lediglich der Friedhof (Zentralfriedhof, 1. und 4. Tor) befand sich im 11. Bezirk. Diese Einrichtungen erfüllten oft mehr als eine Funktion. Die Mikweh in der Floßgasse diente nicht nur der rituellen Reinigung, sie ersetzte auch die in den "Sammelwohnungen" fehlenden Waschgelegenheiten. Denn dort gab es keine Badezimmer und meist nicht einmal Fließwasser. Im Spital erhielten die PatientInnen nicht nur medizinische Betreuung, sondern auch eine warme Mahlzeit. Am jüdischen Friedhof (4. Tor) wurden sowohl die jüdischen als auch die christlichen Mitglieder des "Ältestenrats" bestattet. Außerdem wurde dort auch Obst und Gemüse für jüdische Heime, die Suppenküche sowie für das Ghetto Theresienstadt gezogen. Sieht man vom Zentralfriedhof ab, lagen die Orte, die für die noch in Wien lebende jüdische Bevölkerung wichtig waren, in einem imaginären Trapez zwischen Seitenstettengasse, Augarten und Ferdinandstraße. Innerhalb oder im näheren Umkreis dieses Trapezes lebte auch der Großteil der Wiener jüdischen Bevölkerung.

„Ältestenrat“ und katholische Hilfstellen

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A / 1., Seitenstettengasse 2–4: Amtsgebäude und Luftschutzkeller
B / 1., Lazenhof 2: Kleiderkammer
C / 1., Fleischmarkt 1a: Möbelmagazin
D / 1., Rotenturmstraße 2: Erzbischöfliche Hilfsstelle für nichtarische Katholiken
E / 1., Dr. Ignaz-Seipel-Platz 1: Universitätskirche (Jesuitenkirche)
F / 2., Große Mohrengasse 30: Notstandsheim
G / 2., Floßgasse 14: Badehaus (Mikweh)
H / 2., Malzgasse 16: Spital
I / 2., Malzgasse 7: Altersheim
J / 2., Kleine Pfarrgasse 8: Gemeinschaftsküche und Ausspeisung
K / 2., Tempelgasse 3 (Mohapelgasse): Kinderheim und Tagesheimstätte
L / 2., Ferdinandstraße 23: Kinderspital
M / 2., Große Pfarrgasse 15 (Alexander-Poch-Platz 6): Pfarre St. Leopold
N / 2., Nepomukgasse 2: Pfarre St. Nepomuk

Nicht abgebildet:
11., Simmeringer Hauptstraße 230b und 244: Zentralfriedhof 1. und 4. Tor